Loading content …
05. Juni 2023
Großer wirtschaftlicher Schaden, ohne das Klima zu verbessern
Deutschland unternimmt riesige Anstrengungen, um klimaneutral zu werden. Dies betrifft auch die Immobilienbranche in erheblichem Maße. Das Problem: Die Fokussierung auf Deutschland oder Europa reicht nicht. Wissenschaftlich fundierte Analysen zeigen seit Langem auf, dass Klimaneutralität in Europa im Ergebnis nur dazu führt, dass weltweit mehr fossile Brennstoffe verbraucht werden. Wir brauchen zwingend globale Lösungen. Allerdings gibt es dafür vonseiten der Wissenschaften noch keine überzeugenden Konzepte.
Die kleine GEG-Novelle ist derzeit Thema Nummer 1; nicht nur in der Immobilienwirtschaft. Wir wollen daher diesmal auf die Betrachtung von Zinsen und Inflation verzichten, da wir der Auffassung sind, dass bei der Diskussion um die Klimawende wesentliche Punkte fehlen. Eigentlich kann der Vorstoß des Klimaministeriums kaum überraschen. Es war absehbar, dass der Gebäudesektor einen deutlich größeren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten muss. Und wenn der Bestand bis 2045 bzw. 2050 tatsächlich klimaneutral werden soll, ist es überfällig, hierfür einen Plan zu haben. Das bedeutet zwar noch nicht, dass der Plan gut ist. Aber ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass Robert Habeck Klarheit schafft, was von den Gebäudeeigentümern verlangt wird.
Leider wird die Debatte nicht nur sehr emotional geführt. Auch wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse werden vernachlässigt. Wesentlich deswegen, weil in der Diskussion vor allem naturwissenschaftliche und ingenieurtechnische Argumente überwiegen. Grundlegende wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse können sich aber nicht durchsetzen. Uns fehlt die Kompetenz, die Arbeit der Klimaforscher in Gänze nachvollziehen zu können. Wir zweifeln aber den menschengemachten Klimawandel nicht an. Wir wissen um die Wahrscheinlichkeit, dass die Prognosen deutlich günstiger ausfallen könnten. Diese Wahrscheinlichkeit ist aber bei weitem nicht groß genug, als dass man sich auch nur annähernd darauf verlassen sollte. Insofern stimmen wir auch der Schlussfolgerung zu, dass man alles versuchen muss, um den Klimawandel abzuwenden. Hierbei ist auch ein möglicher Schaden für die deutsche Wirtschaft grundsätzlich ein akzeptables Risiko. Wir befürchten aber, dass die derzeitigen politischen Bemühungen nur erheblichen wirtschaftlichen Schaden insbesondere in Deutschland anrichten, ohne das Klima zu verbessern.
CO2-Zertifikatehandel ist ein überlegenes Instrument
Unsere Kritik richtet sich zu einem kleinen Teil gegen die Instrumente, im Wesentlichen aber sehr grundsätzlich gegen das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bzw. Europas. In Bezug auf die Instrumente ist in der Politik immerhin angekommen, dass ein mengenbasierter CO2-Zertifikatehandel grundsätzlich das überlegene Instrument ist. Wenn alle wesentlichen Emittenten mitmachen und die Menge an Treibhausgasen Jahr für Jahr reduziert wird, wird CO2 zuerst dort eingespart, wo es am wenigsten kostet. Da dann Gas- und Heizölhändler auch mitmachen müssen, lohnen sich auch zunehmend energetische Sanierung, so dass es eigentlich keines Zwangs bedarf. So weit die Theorie. Habeck argumentiert, dass viele Verbraucher die drohende Verteuerung fossiler Brennstoffe nicht erkennen und daher jetzt die falschen Entscheidungen treffen, d. h. Gas- und Ölheizungen noch erneuern. Aus politischer Sicht hat diese Argumentation vielleicht ihre Berechtigung. Der Erfolg eines Zertifikatehandels setzt voraus, dass dieser von den politischen Entscheidungsträgern auch bis zum Schluss durchgehalten wird, wenn weitere Ersparnisse immer teurer werden.
Die Diskussion, ob Verbote, CO2-Steuer oder Zertifikate der bessere Weg zur Klimaneutralität Deutschlands sind, ist aber weitgehend müßig, da das Ziel aus unserer Sicht an sich nicht geeignet ist, den Klimawandel abzuwenden. Besonders anschaulich zeigt sich dies am Beispiel Norwegens. Norwegen bezieht seinen Strom zu 99 Prozent aus Wasserkraft und ist damit leuchtendes Vorbild. Gleichzeitig ist Norwegen aber auch weltweit der zweitgrößte Exporteur von Erdgas und der drittgrößte von Erdöl und damit international einer der größten Verursacher von CO2.
Wissenschaft zeigt: Unser Bemühen um Klimaneutralität führt dazu, dass weltweit mehr fossile Brennstoffe verbraucht werden
Das kleine Einmaleins der Ökonomie beinhaltet, dass sich ein Markt aus dem Zusammenspiel zwischen Angebot, Nachfrage und Preis ergibt. Selbst wenn Deutschland oder sogar ganz Europa kein Öl und Gas mehr nachfragen, würde dies zunächst nur bewirken, dass auf den internationalen Märkten die Preise sinken. Die Folge wäre eine erhöhte Nachfrage aller anderen Länder, die sich Klimaneutralität nicht leisten können oder wollen. Es gibt seit Langem wissenschaftlich fundierte Analysen, die sogar aufzeigen, dass das unser Bemühen um Klimaneutralität im Ergebnis nur dazu führt, dass weltweit noch mehr fossile Brennstoffe verbraucht werden.
Da ein weltweiter Emissionshandel noch immer unerreichbar erscheint, müssen andere Wege gefunden werden. Wir bzw. die Wirtschaftswissenschaften haben für dieses Dilemma noch keine überzeugenden Konzepte. Am erfolgsversprechenden erscheint uns derzeit noch der Ansatz, im Rahmen der WTO Anreize zu setzen, um unseren Klimastandard auch bei unseren Handelspartnern international durchzusetzen. Aber dies beinhaltet noch keine Lösung, um das Angebot zu reduzieren. Hierzu gehört grundsätzlich auch, die Staaten der OPEC+ (inklusive Russland) für das Verzicht auf die Förderung fossiler Brennstoffe zu entschädigen.
Wir stellen nicht in Abrede, dass im Rahmen einer globalen Lösung auch der Verbrauch fossiler Brennstoffe in Deutschland enden muss. Aber ohne Maßnahmen, die gleichzeitig sicherstellen, dass sowohl Angebot als auch Nachfrage international zurückgehen, stellen unsere Bemühungen im Zweifelsfall nur eine sehr teure Subvention fossiler Brennstoffe in anderen Ländern da.