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03. Februar 2022
Vorstoß der BaFin könnte Immobilienfinanzierungen verteuern
Die US-Notenbank kündigt eine Erhöhung der Zinsen an – trotz niedrigem Wachstum im vierten Quartal. Für Deutschland rechnen Experten erst ab dem Frühjahr mit einer Verbesserung der Konjunktur. Für eine deutliche Unruhe dürften die verschärften Eigenkapitalanforderungen der BaFin bei Immobilienfinanzierungen ab 2023 sorgen.
Vergangene Woche hat die US-Notenbank eine baldige Erhöhung des Leitzinses signalisiert. Begründet wurde dieser Schritt einerseits mit der guten Lage am Arbeitsmarkt: Hier konnten die Löhne zuletzt einen zweistelligen Zuwachs verzeichnen. Die hohen Inflationsraten werden als das zweite Argument für eine Zinsanhebung angeführt, da sie die Stimmung der US-Bürger belasten. Gegenüber dem Vormonat nahm der private Konsum, der als tragende Säule der US-Wirtschaft gilt, ab. Sollte er weiterhin rückläufig bleiben, könnte dies in Verbindung mit höheren Zinsen eine Verschlechterung der US-Wirtschaft bedeuten.
Die Situation in Deutschland ist ähnlich unsicher: Neben den hohen Inflationsraten hierzulande bremsen die Auswirkungen der Corona-Varianten Delta und Omikron den Konsum deutlich. Hinzu kommen Lieferengpässe, die die Industrie hemmen. In der Folge schrumpfte Deutschlands Wirtschaft im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal unerwartet stark. Experten rechnen hier erst ab dem Frühjahr mit einer Verbesserung der Konjunktur.
Die EZB rechnet weiterhin mit sinkender Inflation, schließt aber eine Zinserhöhung für dieses Jahr – anders als noch im Dezember vergangenen Jahres – nicht mehr vollständig aus. Eine konkrete Entscheidung würde erst auf Basis neuer Berechnungen im März getroffen werden. Auch wir gehen nicht davon aus, dass die hohen Inflationsraten der letzten Monate von langer Dauer sein werden. Für dieses Jahr allerdings rechnen wir noch mit weiterhin erhöhten Inflationsraten, u. a. aufgrund der anhaltenden Lieferengpässe und den damit einhergehenden Preissteigerungen. Dem entgegen sprechen die schwache wirtschaftliche Dynamik und die moderate Lohnentwicklung im Euro-Raum eher für sinkende Inflationsraten.
Auch unter den Marktteilnehmern ist die Ansicht weit verbreitet, dass der Inflationsschub der letzten Monate bestehen bleibt und dass folglich auch im Euro-Raum die Zinsen steigen könnten. Die Zinskurven jedenfalls sprechen für dieses Szenario. In der Folge sind die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen bereits deutlich gestiegen und nun auf dem höchsten Stand seit 2019, liegen aber immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau von knapp unter 0 %. Wir sehen daher aktuell keine Gefahr für die Immobilienpreise durch diesen moderaten Zinsanstieg.
Eine völlig neue Entwicklung zeichnet sich parallel auf den Anleihemärkten im Immobiliensektor ab, die am Ende möglicherweise zu höheren Zinssätzen bei Baufinanzierungen führen könnte. Die Finanzaufsichtsbehörde BaFin hat kürzlich beschlossen, die Eigenkapitalanforderungen an Banken für risikogewichtete Vermögenswerte, darunter auch Baukredite, zu erhöhen. Die neue Regelung soll ab Februar 2023 in Kraft treten und verpflichtet die Banken dann dazu, mehr Eigenkapital bei Finanzierungsgeschäften zu hinterlegen. Die BaFin verfolgt mit dieser Maßnahme das Ziel, das Finanzsystem durch den Aufbau zusätzlicher Kapitalpuffer widerstandsfähiger zu machen. Hierfür gibt es zwei Gründe: Zum einen reagiert die Bafin mit diesem Beschluss auf die steigenden Preise am Wohnimmobilienmarkt. Auf der anderen Seite sei der Anteil der privaten Immobilienfinanzierungen ohne Eigenkapital in den letzten Jahren stark angestiegen, weshalb die BaFin auf konservativere Kreditvergabeprozesse durch die Neuregelung setzt. Allerdings ändert dies nichts am harten Wettbewerb unter den Immobilienfinanzierern. Es bleibt abzuwarten, ob es gelingt, die gestiegenen Eigenkapitalkosten an die Kunden weiterzugeben.
Zinsentwicklung
Im letzten Monat sind die langfristigen Zinsen nochmals gestiegen. So betrug der 10-Jahres-Zinswap Anfang Januar 0,31 Prozent und stieg bis Ende Januar auf zuletzt 0,41 Prozent. Die kurzfristigen Zinsen verändern sich dagegen nur wenig. Der 3-Monats-Euribor stieg geringfügig von -0,570 Anfang Januar auf zuletzt -0,550 Prozent. Der 6-Monats-Euribor stieg ebenfalls von -0,539 am Monatsanfang Januar auf zuletzt -0,519 Prozent (Stand: 28.01.2022).
Ausblick
Die EZB verfolgt aufgrund der abnehmenden Inflationserwartungen weiterhin eine ultralockere Geldpolitik. Im Gegenzug zeigt die Dynamik in den Anleihenmärkten, dass die Marktteilnehmer mit hoher Inflation rechnen und bereits höhere Zinsen antizipieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich gerade die langfristigen Zinsen auch bei unveränderter EZB-Politik allein aufgrund der Erwartungen der Marktteilnehmer substanziell verändern können. Bestandshaltern ist daher einmal mehr anzuraten, langfristige Zinsfestschreibungen auch oberhalb von 15 Jahren in Erwägung zu ziehen.
Disclaimer:
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Herausgeber
Francesco Fedele Prof. Dr. Steffen Sebastian
Prof. Dr. Steffen Sebastian
Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung
an der IREBS, Universität Regensburg
Francesco Fedele
CEO, BF.direkt AG